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Es ist verdammt noch mal dein Job!


Heute möchte ich dir gerne einmal von meinem letzten Arztbesuch erzählen.

Morgens um 08.10 Uhr hatte ich einen Termin. Wie immer war ich etwas früher da (lass es kurz vor acht gewesen sein), in weiser Voraussicht, dass ich mich ja noch anmelden müsse und die Praxis ja sowieso um 08.00 Uhr öffnet.

Brav stieg ich die Treppen nach oben, kam in den Vorraum und wurde von kaltem Zigarettenrauch begrüßt.

Die Tür zur Praxis war noch verschlossen. Die Dame vor mir war schon ganz hibbelig. Scheinbar hatte sie Ihrem Termin um 08.00 Uhr.

Das Nebenzimmer ging auf und es kam eine gestresste Arzthelferin heraus. Ohne guten Morgen zu sagen, rannte sie an der Dame und mir vorbei, schloss die Tür zur Praxis auf, und knallte uns die Tür vor der Nase wieder zu und schloss ab.

Wie gesagt, die Praxis öffnet um 08.00 Uhr, es war kurz vor acht.

Ein paar Minuten später kam einer der Ärzte, sagte freundlich guten Morgen, klopfte an die Tür und wurde von der Arzthelferin hereingelassen. Und lies man noch immer vor der Tür warten.

Die Dame vor mir erlaubte sich dann, die Tür einmal vorsichtig zu öffnen und ging hinein. Ich folgte ihr und beobachtete weiter: die Arzthelferinnen am Empfang waren sichtlich gestresst. Es nun Punkt 08.00 Uhr.

Der PC der einen Dame war noch am Hochfahren. „Warum braucht der denn so lange, war hier ein Update oder was?“

Die andere Dame, die vorher gestresst an mir vorbeirannte, sagte gequält „Einen Moment noch“.

Hinter der Empfangstheke ging es im Allgemeinen sehr hektisch zu – morgens um 08.00 Uhr, wenn die Praxis eröffnet.

Jeder wuselte von einer Ecke zur anderen, die Gespräche, die die Patienten gar nicht angingen wurden so laut geführt, dass sich jeder Außenstehender hätte beteiligen können.

Schließlich durfte ich mich anmelden, war relativ zügig beim Arzt und als ich mit meinem Termin fertig war, schlenderte ich vor zum Empfang. Eine der Arzthelferinnen kniete am Boden, scheinbar war sie morgens um kurz nach acht schon fix und fertig. Die Andere kaute vergnügt auf ihrem Frühstücksbrot herum.

Ich bekam mein Rezept und verabschiedete mich freundlich. Keine der Arzthelferinnen erwiderte mein „Auf Wiedersehen“.

Innerlich etwas verwirrt fuhr ich nach Hause und wusste tatsächlich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte.

Das morgendliche Spektakel hat mich einerseits extrem amüsiert (ich bin nicht mehr der Typ Mensch, der sich über so etwas aufregt), andererseits war ich total schockiert, wie wenig bewusst sich die Arzthelferinnen über ihr Verhalten waren.

Meine Wunschvorstellung

Auf dem nach Hause Weg fragte ich mich, wie wäre es für mich als Patient denn besser gewesen? Was hätten die Damen anders machen müssen, damit ich mich wohl und willkommen gefühlt hätte?

Nein, es geht nicht darum, mir den roten Teppich auszurollen und mir einen Tee zu servieren.

Es geht darum, den Patienten bewusst wahrzunehmen.

Wie könnte das also aussehen?

Ich habe um 08.10 Uhr einen Termin beim Arzt. Wie immer bin ich etwas früher da, weil ich mich ja noch anmelden muss.

Der Vorraum müsste nicht unbedingt nach kalten Zigarettenrauch stinken, wenn regelmäßig gelüftet würde.

Die Dame, die gestresst an mir vorbeirannte, könnte sich Ihren Stress nicht anmerken lassen, freundlich guten Morgen sagen, die Tür aufschließen, die Patienten, die bereits warten, hineinbitten und sagen „Nehmen Sie bitte kurz Platz, wir brauchen noch einen Moment.“

Die Dame hinter dem hochfahrenden PC, hätte den PC bereits vor 08.00 Uhr hochfahren können um pünktlich zur Eröffnung der Praxis arbeitsbereit zu sein.

Die Gespräche unter den Kolleginnen könnten ein wenig leiser stattfinden und das Pausenbrot könnte die Arzthelferin im Pausenraum essen (vor Dienstbeginn oder in ihrer Pause).

Ein freundliches „Auf Wiedersehen“ sollte Standard sein.

Und mehr hätte es nicht gebraucht.

Es ist verdammt noch mal dein Job!

Aber warum erzähle ich dir das?

Weil es in der Hotellerie und Gastronomie nichts anderes ist.

Die Arzthelferinnen sind gleichzusetzen mit den Mitarbeitern im Hotel und Restaurant. Die Patienten verkörpern die Gäste.

Sowohl der Patient als auch der Gast will sich wohl fühlen, ein gutes Gefühl haben, willkommen sein.

Wenn der Mitarbeiter, ganz gleich ob Arzthelfer, Rezeptionist oder Keller, es nicht schafft, dem Patienten oder Gast dieses Gefühl zu vermitteln, läuft etwas schief.

Und das heißt nicht, dass der Gast nicht sehen darf, dass du gerade im Stress bist. Wichtig ist aber, wie das kommunizierst. Wenn du dem Gast freundlich sagst, dass es noch einen Moment dauert und um sein Verständnis bittest, fühlt er sich mit Sicherheit wohler, als wenn du ihn ignorierst, an ihm vorläufst und genervt die Augen rollst, weil er sein Steak noch immer nicht hat.

Wenn du außerdem gut vorbereitet bist, das heißt, den PC vor Beginn der Arbeitszeit hochgefahren, dein Mice-en-place entsprechen gecheckt und dich auf den Kundenbesuch eingestellt hast, vermittelst du dem Gast, dass du professionell arbeitest und er sich auf dich verlassen kann. (…und du hast weniger Stress, weil du alles kurzfristig erledigen musst)

Frage dich also einmal bewusst, was dir auffällt, wenn du Gast oder Patient bist. Spüre rein und frage dich, wie sich das für dich in diesem Moment anfühlt.

Nimm dies als Spiegel zu deiner eigenen Arbeit und überprüfe, ob du auch Dinge tust, bei denen sich Gäste nicht wohl fühlen würden.

Wenn nein, super! Schau, dass du so weitermachst und du es an deine Kollegen, bei denen dir auffällt, dass etwas schiefläuft, weitergibst und sie dafür sensibilisierst.

Wenn ja, verändere es! Gehe dir bewusst auf den Grund schau, was du verbessern kannst.

Übe jeden Tag, bis es dir in Fleisch und Blut übergeht.

Je bewusster du deine Arbeit tust, desto wohler fühlen sich deine Gäste, weil sie merken, dass sie wichtig und willkommen sind.

Wenn du dafür Unterstützung benötigst, melde dich gerne bei mir.

Alles Liebe
deine Cornelia

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